Neue Organisationsstruktur – Neue Lernkultur / Neue Lernkultur – Neue Organisationsstruktur

Warum brauchen wir eine neue Lernkultur?

Unsere Welt verändert sich und ein neues Revolutionszeitalter ist angebrochen. Wir stehen vielleicht gerade erst am Anfang und dennoch sind wir aufgefordert rasch zu handeln. Wer jetzt nicht aufspringt und begreift, wird in Zukunft nicht mehr wettbewerbsfähig sein.

Vergleicht man die Metatrends des Zukunftsinstitut mit den allgemeinen wissenschaftlichen Gesichtspunkten, so wird schnell klar, die Blockchain ist längst nicht mehr eine Phantasie! Die Weiterentwicklung der Blockchain Idee, als auch die Etablierung der künstlichen Intelligenz, gepaart mit neuen technologischen Errungenschaften, ermöglicht uns eine neue Perspektive auf unsere gesamte Unternehmenslandschaft (1). Durch die Veränderung der unternehmerischen Struktur und der Organisation mit der sie einhergeht, ändert sich zwangsläufig auch unsere Lernkultur. Diese Entwicklung können wir auch in den revolutionären Veränderungen der letzten Jahrzehnte beobachten. Benjamin Walter beobachtete bereits eine starke Wechselwirkung zwischen der industriellen, technologischen und der gesellschaftlichen Entwicklung. Sei es die Erfindung des Rades, die Einführung maschineller Prozesse, die Erfindung des Fernsehers oder auch die Etablierung des Internets. Hinter jeden dieser Entwicklungsschritte steht auch eine gesellschaftliche Entwicklung, die eine neue Lernkultur mit sich trägt (2). Ingrid und Peter Gerstbach erklären in Ihrem Design Thinking Podcast die Veränderung der Arbeitswelt anhand Clare Graves des Konzeptes Spiral Dynamics von Don Beck und Chris Cowan, welches auf der Grundlage von Clare Graves entwickelt wurde. Dabei erklären sie die unterschiedlichen Bewusstseinsstufen, die Menschen durchlaufen. Dies kann auch auf Organisationen angewendet werden (3). Schmitz und Fölsing beschränken sich hier vor allem auf die vier Ebenen blau, orange, grün und gelb. Anhand dieser Bewusstseinsstufen erklären sie die unterschiedlichen Ebenen der Lernwelten und Organisationsstrukturen und versuchen genauer zu analysieren, wie diese Ebenen übergreifend durchbrochen werden können um die nächste Ebene zu erreichen (2). Um den Beitrag hier nicht zu sprengen, werde ich diesem Thema einen eigenen Beitrag widmen.

Durch eingangs genannter technologischer Veränderungen werden erneut neue Problemfelder zu Tage kommen, die einen Sprung in eine neue Ebene verlangen. Eine neue Lernkultur wird sich zwangsläufig etablieren müssen, um aktuellen Problemfeldern gerecht zu werden. Eine neue Ebene wird durchbrochen. Wir müssen die Barriere zwischen Lernen und Arbeiten aufheben. Wir müssen weg von der traditionellen Lernkultur, die wir aus der Schule kennen (Blau), hin zu einer Learning Experience (Gelb), die das Arbeiten und das Lernen verschmelzen lässt. Formales und informelles Lernen verschmelzen immer mehr. Eine formale Ausbildung alleine kann das benötigte Knowhow immer schwerer abdecken. Unser gesamter Arbeitskontext, unsere Arbeitswelt, wird vielseitiger, komplexer, flexibler und ist in einem stetigen Wandel.

Welche Anforderungen muss die neue Lernkultur erfüllen?

Durch die Komplexität und den flexiblen Wechsel von Inhalten, ist es wichtig hier on Demond zu reagieren und Inhalte anzubieten, wenn diese gerade gebraucht werden. Daher wird es immer wichtiger Inhalte weniger über formale Ausbildungen und den frontalen Unterricht, als vielmehr informell während des Arbeitsprozesses zu erlernen. Daher wird es zukünftig mehr um Skills und Kompetenzen, als um Zertifikate und Abschlüsse gehen. Wir müssen Inhalte zukünftig also an Ort und Stelle – on Demond – abrufen können um diese im nächsten Schritt direkt in den Arbeitsprozess einfließen zu lassen. Dazu benötigt es neue Tools, die ein traditionell, frontales Unterrichtssetting ablösen.

Daher benötigen wir auch keine formalen Abschlüsse mit prall gefüllten Inhalten, bei der wir Inhalte auf Reserve lernen, sondern kurze, schnell und leicht erlernbare Inhalte. Wir können uns hier an der Idee der Learning Experience anlehnen. Learning Experience kommt eigentlich eher aus der Consumer Experience. Dabei handelt es sich um kleine Apps für kleiner Problemstellungen. Die Apps oder Spiele sind für jeden verfügbar und leicht verständlich. Da wir selbst jeden Tag mit diesen Apps konfrontiert sind und sie uns unser Leben erleichtert, gliedern diese sich langsam aber sicher in unsere Lernkultur ein. Im unternehmerischen Kontext gilt es diese kleinen Lernhappen in unseren Arbeitsalltag hineinzutragen und zu integrieren. 

Unsere Lernmanagementsysteme haben langsam, aber sicher, ausgedient. Ein Lernmanagementsystem dient der Strukturierung unserer Lernhinhalte, die jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter erlernen soll, je nachdem wann er was abzuarbeiten hat. Das System bestimmt wann welcher Inhalt abgearbeitet wird, oder erneut abgearbeitet werden muss. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Systeme bei denen miteinander kommuniziert wird. Peer-Groups, die das Lernen mittragen, und auch andere kollaborative Lernmethoden, finden Einzug.

Auch die Lernenden selbst nehmen in traditionellen Lernsettings eine fremdgesteuerte Lernhaltung ein, bei dem ein vorgekauten Lerninhalten zugewiesen wird. Der gesamte Inhalt wird kontrolliert. In einer Learning Experience hingegen, steht der Lernende im Mittelpunkt. Die Eigeninitiative und Selbstbestimmungen der Lernenden sind gefragt.

Eine Lernkultur, die sich aus dem Learning Experience Ansatz erhebt, versucht aus der LernerInnenperspektive zu denken. Hier ist auch der Design Thinking Ansatz stark vertreten. Wir versuchen uns in die Lernenden hineinzuversetzen und bemühen uns darum eine Lernumgebung für diese zu schaffen, um sich frei entfalten zu können. Eine Learning Experience Plattform bietet dabei die Möglichkeit Lerninhalte aus unterschiedlichen Quellen zu bündeln und sie den Lernenden zur Verfügung zu stellen. Gelernt wird nicht nur auf der Ich-Ebene, sondern auch kollaborativ im Kollektiv. Benötigte Inhalte werden mit Personen und Kolleg:innen verknüpft.

Mit Hilfe einer künstlichen Intelligenz und der Vernetzung mit der Struktur des Personalwesens, dem Wissen über den Lernenden, sein Vorwissen, seine Lerngewohnheiten und Vorlieben, können wir individualisierte und bedürfnisorientierte Angebote erstellen, die Lernende gerade in diesem Moment benötigen um ihre Arbeit zu verrichten.

Begleitet wird der ganze Lernprozess der neuen Lernkultur durch Lerncoaches. Diese Lerncoaches oder Lernbegleiter betreuen die Lernenden im Prozess durch Reflexionsgespräche, aber auch Hilfestellungen jeglicher Art. Auch hier kann KI unterstützen. Ein Coach fragt sich beispielsweise:

Welche Fähigkeiten hat die Person erworben?

Welche Fähigkeiten soll der/die Lernende noch erwerben um die Tätigkeit auszuführen?

Mit welchen Kolleg:innen tauscht sich die Person aus zu dem Thema?

Mit wem tauscht sich die Person nicht aus und sollte sich austauschen?

Wie lernt die Person am besten?

Welche Lerngewohnheiten hat sie bis jetzt noch gar nicht in Betracht gezogen?

Die Angst der Unternehmen, Lernen in der Arbeitszeit würde auch außerhalb des beruflichen Kontextes stattfinden, ist unbegründet. Lernende sind die Freiheit des Lernens nicht gewohnt. Lernbegleiter haben hier die zusätzliche Aufgabe einen Rahmen um die Lernlandschaft zu legen um Orientierung zu ermöglichen. Der Eine mehr als die Andere. Man könnte hier sogar von einem individuellen Blended Learning Konzept sprechen, dass sich an die Lernenden anpasst und je nach Inhalt immer wieder neu personalisiert wird (5).

Wie können wir eine neue Lernkultur etablieren?

Bereits 2007 stellte sich Frau Dr. Mikula die praxisorientierte Frage: „Wie muss eine Lernkultur aussehen, damit Lernen nicht als von außen aufgezwungen angesehen wird, damit Lernen auch nicht als lebenslänglicher Zwang verstanden wird, sondern damit Lernen der Transformation der Person dient, also den individuellen Interessen und der Entfaltung der individuellen Anlagen verpflichtet ist?“ (4).

Wenn wir Lernen in der Organisation integrieren wollen, müssen wir die Lernkultur in den Organisationen ändern. Daher müssen wir die Rahmenbedingungen der Organisationen dahingehend ändern. Dies geschieht nicht von heute auf morgen. Um eine Lernkultur zu ändern ist ein step by step Vorgehen angesagt. Es bedarf an Zeit, da sonst eine Überforderung zu Tage kommt, die den Prozess destruktiv beeinflussen würde. Hier können uns auch die Bewusstseinsebenen von Don Beck und Chris Cowan helfen, um zu verstehen welche Ebene im Moment vorherrscht und welche Bedingungen gegeben sein müssen um die Ebene zu durchbrechen.

In einem ersten Schritt wäre es ratsam Lernzeiten zu definieren, die den Lernenden eingeräumt werden kann. Dabei dürfen sie lernen, egal welcher Inhalt sie interessiert. Die Lernthemen umfassen trotz Freiheiten zumeist arbeitsplatzspezifische Themen. Hindernde Faktoren sind dabei eine streng geregelte Zeitvorgabe, die einerseits nicht logisch auf die Lerndauer aufgeteilt ist und andererseits einen administrativen Aufwand mit sich bringt. Dies wirkt sich meist negativ auf die Motivation der Lernenden auswirken. Angst vor dem Verlust der Kontrolle seitens des Unternehmens spielt hier eine große Rolle und sollte in jedem Fall kommuniziert werden. Auch die Bereitstellung eines zeitlich angemessenen Rahmens muss gegeben sein. Lernende müssen sich auch die Zeit zum Lernen freiräumen können. Meist scheitert es genau an diesem Punkt. Zusätzlich ist es wichtig die Lernenden gerade zu Beginn immer wieder an das Lernen und die Möglichkeiten zu erinnern. Anfangs sind Lernende oft sehr motiviert und wollen lernen. Dies flacht jedoch mit der Zeit schnell ab. Ein Refresh ist hier oft erwünscht, der auf aktuelle neue Angebote hinweist, oder an interessante Kurse, die gerade in der jetzigen Arbeitssituation individuell an die Lernenden angepasst werden könnte. Auch Empfehlungen von Kolleg:innen können hier einen guten Anreiz schaffen das Lernen neu Aufzunehmen. Eine individuelle Lernbegleitung ist hier ein wesentlicher Faktor, der das Gelingen und das Scheitern maßgebend beeinflusst.

In einem zweiten Schritt geht es um die Öffnung des Lernraumes. Nicht mehr nur das Individuum selbst soll als einzeln lernende Person gesehen werden. Der Lernraum soll agile Strukturen zulassen und kollaboratives Lernen ermöglichen. Durch den Einsatz von Peer-Groups, agile Lernformate wie Bar-Camps und die Öffnung des Lernraumes durch die Implementierung von Austauschplattformen zu Lerninhalten soll ein Miteinander geschaffen werden. Lernen findet dabei nicht mehr nur auf der Ich-Ebene statt, sondern auch auf der Team-Ebene.

Schlussendlich soll sich auch die gesamte Organisation für den Lernraum öffnen. Lernen wird dann in den eigentlichen Arbeitsprozess integriert. Lernen ist dadurch nicht mehr abgegrenzt und findet immer und überall statt. Dies setzt auch neue Lernplattformen voraus, wie die Idee einer Learning Experience Plattform, in dem eine neue Lernkultur eigene Entfaltung ermöglicht.

Aller Anfang ist schwer…

Wir brauchen Vorbilder, die uns in diese neue Lernkultur einführen. Führungskräfte müssen uns diese neue Lernweise vorleben. Nur dann wird auch der Großteil der Mitarbeiter:innen dazu animiert werden. Auch die wertschätzende Haltung gegenüber unseren Lernenden bildet einen wesentlichen Erfolgsfaktor. Lernende können durch Gamification motiviert werden oder durch Teamleistungen belohnt werden. Dies soll nicht unbedingt über ein Belohnungssystem funktionieren, dass ein Konkurrenzdenken hervorrufen kann. Dann wären wir wieder unmittelbar in unserem alt bekannten Schulsystem, von dem wir wissen, dass dieses System keine Motivation mit sich trägt. Die neue Lernkultur die wir anregen wollen lebt von einem regelmäßigen Austausch, einer Selbstmotivation und Freude am Lernen. Durch einen Teamaspekt kann dem entgegengewirkt werden (5).

Wir müssen den didaktischen Blick „…weg von der so genannten „Erzeugungsprofessionalität“ hin zur „Ermöglichungsprofessionalität“ …“ richten. Auch wenn Frau Dr. Mikula sich auf die Aufgaben der Erwachsenenbildung generell bezogen hat, muss diese Anschauung auch spezifisch in der beruflichen Weiterbildung Einklang finden (4). Erst wenn wir den Wandel von einem Lernmanagementsystem, hin zu der Idee einer Learning Experience Plattform (oder wie auch immer diese zukünftig benannt werden soll) vollzogen haben, kann sich eine neue Lernkultur etablieren, die Lernende in den Fokus stellt. Durch den zu erwartenden produktiven Output, der erst durch diese neue Lernkultur entsteht, können Unternehmen in der Zukunft ihre Wettbewerbsfähigkeit gewährleisten. Anders wird dies auf Dauer nicht mehr möglich sein.

Geben wir dem Lernen eine neue Chance und denken es GELB!

Literatur:

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